Bastian Schweinsteiger gibt Einblicke in sein Leben. Er spricht unter anderem über seine Ehe mit Tennisstar Ana Ivanovic und darüber, was er dachte, als Trainer Louis van Gaal sich vor ihm entblößte. Schweinsteiger offenbart auch, dass er sich eine Zukunft beim DFB vorstellen kann.
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Eine Institution im deutschen Sportjournalismus feiert Jubiläum. In der 100. Folge des Fußball-Podcasts „Phrasenmäher“ der „Bild“, der hier in Auszügen transkribiert wurde, spricht Bastian Schweinsteiger (39) über die wichtigsten Momente seiner Karriere – und verrät ...
... welcher Fußball-Job ihn reizen würde
Schweinsteiger ist aktuell TV-Experte bei der ARD. „Vielleicht in irgendeiner Funktion mit der Nationalmannschaft diesen goldenen WM-Pokal wieder in den Händen zu halten.“ Hätte er also Interesse, Rudi Völler (63) nach der Heim-EM als DFB-Direktor zu beerben und die WM 2026 vorzubereiten? „Ich biete mich jetzt hier nicht an, aber was ich sagen möchte, ist: Es hat mit unheimlich viel bedeutet, den Pokal in den Händen zu halten und nach Deutschland zu bringen – das war das schönste Gefühl meiner Karriere. Und diesen Moment wieder erleben zu können, wäre etwas ganz Besonderes für mich.“
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... wie es war, als van Gaal in einer Besprechung bei Bayern die Hosen runter ließ
„Ich fand es unfassbar unterhaltsam, wie er da mit runter gelassener Hose stand. Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass es für ihn auch nicht immer einfach ist, die erste Elf zu nominieren – da braucht man schon die Dinger zwischen seinen Beinen. Er ist halt ein echter Typ und was ich an ihm sehr schätze ist: Er hat ein unfassbar großes Herz. Ich kann mich erinnern: Als er Bayern München und Manchester United verlassen musste und sich in der Kabine von den Spielern verabschiedet hat, stand er da und hatte Tränen in den Augen – weil er geliebt hat, was er gemacht hat.“
... warum van Gaal ein guter Bundestrainer gewesen wäre
„Er hat es zum einen mit Holland bewiesen, dass er bei Turnieren weit kommen, eine Euphorie entfachen, die Spieler verbessern und eine echte Mannschaft formen kann. Zum anderen ist er auch ein Typ, der gut für das Klima innerhalb einer Mannschaft ist. Er hat schon große Schlachten gewonnen, ist aber auch ein Trainer, an dem man als Spieler nicht so leicht vorbeigeht, wenn man schlecht gespielt hat. Er sagt dir direkt ins Gesicht, was er denkt und hätte daher gut gepasst. Julian Nagelsmann ist für mich aber auch ein exzellenter Trainer.“
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... warum Oliver Kahn ihm als Jungprofi immer sein Handtuch klaute
Wie lange hat es als Jungprofi gedauert, bis sein Sitznachbar Oliver Kahn in der Kabine richtig mit ihm gesprochen hat, wurde Schweinsteiger im Podcast gefragt. „Ich kann gar nicht sagen, ob das ein paar Monate oder Jahre waren ... Am Anfang hat auf jeden Fall immer das Handtuch an meinem Platz gefehlt und ich dachte nur: Es kann doch nicht sein, dass alle eins kriegen, nur ich nicht. Später habe ich mitbekommen, dass sich Olli nach dem Aufwärmen immer seine Handschuhe mit meinem Handtuch sauber gemacht hat und es dann irgendwo in die Ecke geworfen hat.“
Und weiter: „Manchmal musste ich Olli auch ein bisschen Bargeld leihen, da schuldet er mir auch noch den ein oder anderen Euro. Wir haben beim FC Bayern nach jeder Auswärtsfahrt für die Zeugwarte und den Busfahrer etwas Geld gesammelt. Weil ich der jüngste war, musste ich es immer einsammeln und als ich bei Olli in der letzten Reihe angekommen war, hieß es oft: ‚Kannst du mir mal einen Fuffi ausleihen?‘ Und das habe ich immer getan, auch, wenn meine private Kasse sicher nicht so gut gefüllt war, wie seine damals.“
... ob das WM-Finale 2014 sein bestes Spiel war
„Ja, es war das beste Spiel meiner Karriere. Man träumt immer vom perfekten Spiel – und da war ich sehr nah dran. Ich habe mir vorher auch gesagt: Wenn du nicht bei einem WM-Finale im Maracana-Stadion in Brasilien gegen Argentinien deine beste Leistung abrufst, wo sonst willst du es machen? Gott sei Dank klappte es!“
Hat er von dem Cut unter dem rechten Auge nach einem Schlag von Agüero noch eine Narbe? Schweinsteiger lacht: „Nein, ich habe nur Falten im Gesicht!“

... was sich in der Nationalelf ändern muss
„Favorit oder die Top-Nation sind wir bei der EM natürlich nicht. Aber ich bin überzeugt, dass wir ins Halbfinale kommen, wenn wir – und es tut mir leid, aber es ist wirklich so – die deutschen Tugenden reinbekommen. Fußballspielen ist schön und gut. Unsere Mannschaft hat viele Spieler, die das können. Aber wenn man sich das 0:2 gegen Österreich genauer ansieht, weiß man genau, was uns noch fehlt. Die deutschen Tugenden müssen Grundvoraussetzung sein, das sieht man auch bei anderen Nationen – die spielen nicht nur Fußball. Gerade die vier Teams im Halbfinale der WM in Katar – da sieht man, was es den Spielern bedeutet, für ihr Land aufzulaufen und das Nationaltrikot zu tragen. Genau da müssen wir wieder hinkommen und ich hoffe, dass es Julian gelingt, genau dieses Gefühl wieder in die Mannschaft zu bringen.“
... was das schlimmste Spiel seiner Karriere war
„Wenn es ein Spiel gibt, was ich gern noch mal spielen würde, wäre es natürlich das Finale Dahoam 2012 (Niederlage im Elfmeterschießen gegen Chelsea, die Redaktion). Es war die schlimmste Niederlage meiner Karriere, weil klar war, dass man so eine Chance in seiner Stadt nie wieder bekommt. Immer, wenn es in einer Saison Richtung Champions-League-Finale geht, denkt man noch mal darüber nach, wie schön es gewesen wäre, dort den Pokal zu gewinnen – das ist immer noch ein kleiner Riss im Herzen drin. Und wenn man da draufdrückt, tut es weh.“
... ob die Finalpleite die Grundlage für den Champions-League-Sieg 2013 & WM-Titel 2014 war
„Ja, das war so. Wir haben aus diesem Spiel unglaublich viel mitgenommen. Du lagst am Boden. Die Spieler, mit denen du eigentlich immer gelacht hast, saßen neben dir in der Kabine völlig fertig und haben geweint. Das tat unglaublich weh, aber im Leben muss man immer einmal mehr aufstehen als man hinfällt und das haben wir getan mit einer Art und Weise, die es unvergessen macht – und das war entscheidend.“
... warum er vor dem ersten Treffen mit seiner heutigen Frau Ana nervöser war als vor dem WM-Finale
Kurz nach dem Endspiel in Rio traf er Ana Ivanovic das erste Mal in New York. Sein Kumpel, der ehemalige Basketball-Star Steffen Hamann, war dabei und sie hatten ein Codewort ausgemacht. Entweder sagt Schweinsteiger nach der Begrüßung: „Komm, lass uns zusammen spazieren gehen.“ Oder er sagt: „Okay, dann bis später Steffen.“ So kam es auch!
„Ich war damals noch nicht ganz so gut im Englischen, als wir uns kennengelernt haben, daher habe ich Ana am Anfang viel zugehört. Ich war ein bisschen in der Defensive und habe geschaut, was kommt – dann aber im richtigen Moment zugeschlagen.“ (lacht)
... wann ihm klar war, dass Ana die Frau seines Lebens ist
„Das war im ersten Moment tatsächlich so. Man spürt ja besondere Momente und man erkennt sie in der Liebe auch, wenn man jemandem tief in die Augen schaut – und genau so war es bei mir.“
... wie er den Spruch von Donald Trump fand, dass „Ana Ivanovic die schönste Frau der Welt ist“
„Da hat er ausnahmsweise mal nichts als die Wahrheit gesagt!“
... wie gut sein Serbisch ist?
„Ich konnte bei der Familie schon ein paar Punkte machen, in dem ich auf Serbisch beim Vater von Ana um ihre Hand angehalten habe. Ich bin nach Belgrad geflogen und habe gefragt.“
... wie ihn der Hollywood-Film „Notting Hill“ beim Heiratsantrag inspirierte
Geheiratet hat das Paar 2016 in Venedig. Bei der Idee zum Heiratsantrag wurde Schweinsteiger aus dem Film Notting Hill mit Julia Roberts und Hugh Grant inspiriert. „In London gibt es ja so kleine Parks, die nur für die Anwohner zugänglich sind. Und ich habe dann den Park aus dem Notting-Hill-Film heimlich gemietet. Ich wusste natürlich, dass Ana extrem neugierig ist und als wir da vorbeigelaufen sind, war das Törchen einen Spalt offen und ich habe ihr gesagt: Komm‘ wir schauen mal! Und dann sind wir da rein – und dann habe ich sie gefragt. Das kam für sie komplett überraschend.“

... wie Ana ihn beim Familien-Tennis laufen lässt
Ana fragt Schweinsteiger im Podcast „Phrasenmäher“, ob er mal erzählen kann, wie ein typisches Tennisspiel der beiden aussieht?
„20 Minuten vor dem Spiel betrete ich den Platz, mache meine Übungen, tape mir die Finger, damit ich keine Blasen bekomme. Dann werfe ich die Ballmaschine an, spiele ein paar Bälle – und dann kommt sie gerade noch so rechtzeitig, dass sie ihre Schuhe anziehen kann und es geht direkt los: Ich bin in jedem Spiel 30:0 vorne.“ Und dann?
Schweinsteiger: „Dann lässt sie mich laufen! Von links nach rechts, von vorn nach hinten – das ist brutal. Ich hätte es nie gedacht, dass da gar keine Chance für mich ist. Ich verliere dann 1:6, 2:6 und frage sie danach immer: Wie viel Prozent hast du gespielt? 70? 80? Und dann lacht sie und sagt: 30! Und was am meisten weh tut: Wenn wir gespielt haben, geht sie noch mal ins Gym und geht 30 Minuten laufen, damit sie auch das Gefühl hat, Sport gemacht zu haben und ich bin komplett kaputt, mir tut alles weh, ich muss sofort was essen und trinken und musste über Nacht sogar schon ein ABC-Pflaster gegen die Schmerzen tragen.“
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Wie viele Sätze hat er gegen Ana gewonnen? „Keinen! Es ist mein großes Ziel, zumindest einmal in den Tiebreak zu kommen.“
... wie temperamentvoll Ana zu Hause ist
„Alle, die mit einer Serbin zusammenleben, wissen, was ich meine. Die Serben sind immer etwas lauter. Man glaubt, sie streiten – dabei besprechen sie nur, wer wohin in die Stadt fährt. Dieses Temperament mag ich sehr. Ich bin auch gern in Serbien und Belgrad, weil die Leute da eine andere Lebenseinstellung haben nach dem Krieg. Ana hat mir oft ihren Weg erklärt von klein auf bis zur Nummer 1 der Welt aus einem Land, in dem Tennis noch nicht so stattgefunden hatte. Das Leben zu genießen – das spürt man dort überall. Ich glaube, dass es uns in Deutschland materiell besser geht, aber wie viel Emotionen die Serben haben, wenn sie aufdrehen, ist unfassbar. Ich gehe dort auch gern zum Basketball. Welche Einstellung und Mentalität die Spieler und Fans haben, wenn ein Dreier reingeht und welche Energie da explodiert, ist unfassbar.“
... wie sein Geheimtreffen mit Thomas Tuchel lief
„Es war schön, sich mal in Ruhe austauschen zu können. Thomas ist ein Trainer, der mich mit seinen Ideen beeindruckt. Wenn man sieht, wie die Vereine, für die er früher gearbeitet hat, heute dastehen – egal, ob es Dortmund, Paris oder Chelsea ist –, ist ein Unterschied zu erkennen und das zeichnet große Trainer aus. Ich traue ihm auf jeden Fall zu, beim FC Bayern eine Ära zu prägen. Er hat die Fähigkeit, mit großen Spielerpersönlichkeiten gut umzugehen, das hat er bei PSG mit Mbappé und Neymar bewiesen und man sieht auch bei Bayern, wie Leroy Sané unter ihm bereit ist, mit nach hinten zu arbeiten und so die ganze Mannschaft besser macht. Da ist klar seine Handschrift zu sehen.“
... warum ihm wegen Uli Hoeneß die Tränen kamen
Nach dem WM-Finale schickte Schweinsteiger am ARD-Mikro eine Grußbotschaft an Uli Hoeneß („Ohne sie wären wir alle nicht hier.“) Der Bayern-Patron saß damals wegen Steuerbetrugs im Gefängnis, verriet später: „In dem Moment hat es mich vom Bett rausgehauen. Eines meiner eindrücklichsten Erlebnisse, die ich je erlebt habe. Das war – puh – unglaublich.“
Schweinsteiger sagt nun: „Als ich seine Reaktion in meiner Dokumentation („Von Anfang bis Legende“ bei Amazon, die Redaktion) gesehen habe, hatte ich Tränen in den Augen. Mir war nicht bewusst, wie sehr ihn das bewegt hat. In meiner Karriere war Uli Hoeneß ein ganz wichtiger Mann. Natürlich hat er mir auch mal ein paar Worte gesagt, wenn ihm etwas nicht gefallen hat, aber er hatte immer den Traum, dass der FC Bayern viele deutsche Nationalspieler hat und genau das hatten wir im Finale in Brasilien. Ohne ihn hätte das nicht funktioniert. Natürlich hat er auch Fehler gemacht im Leben, das weiß er auch – aber man sollte nicht immer nur draufhauen. Für mich ist er eine Persönlichkeit, die einzigartig ist. Ich ziehe den Hut vor dem, was er erreicht hat.“
Siezt oder duzt er Hoeneß heute? „Ich nenne ihn nur ‚Präsident‘“, sagt Schweinsteiger.
... ob es gut ist, dass Hoeneß noch so viel im Tagesgeschäft mitmischt
„Ich finde es immer wichtig, dass man Ulis Meinung hört – egal, ob man den Weg dann geht, oder nicht.“
... ob Max Eberl der richtige Mann als neuer Bayern-Sportvorstand wäre
„Max Eberl hat bewiesen, dass er sehr erfolgreich arbeiten kann. Er kennt den Klub, er kennt die Stadt und das Land. Natürlich würde er für den FC Bayern passen!“
... was die schlimmste Frisur seines Lebens war
„Ich wollte mir 201x mal einen blonden Irokesen färben, habe aber ein schlechtes Produkt verwendet und am Ende waren die Haare orange. Seitdem würde ich nie wieder selbst färben.“ Und wie gefällt er sich mit den grauen Haaren als George Cloone des Fußballs, wurde er im Podcast gefragt? „Mit dem Vergleich kann ich sehr gut leben!“
... ob es im Nachhinein falsch war, zu Manchester United zu gehen?
„Nein, es war die richtige Entscheidung. Manchester United ist eine Riesenmarke und Louis van Gaal wollte mich unbedingt – zudem wollte er unbedingt schnell Titel gewinnen. Manchester City war damals noch nicht so gut, Arsenal und Liverpool nicht, vom Zeitpunkt her war es genau richtig, nach England zu gehen. Wir haben dann auch den FA Cup gewonnen, Meister wurde aber Leicester und ich hatte das Pech, dass ich mich im Januar verletzt hatte und die medizinische Abteilung in Manchester nicht so war wie beim FC Bayern, das war schwierig.“

Nach dem Trainerwechsel zu José Mourinho wurde Schweinsteiger aussortiert. „Natürlich war es nicht schön zu hören, dass er mich rauslassen will – dennoch hatte ich zu ihm immer eine gute Verbindung. Es ist in einem Fußballverein ja nicht immer so, dass der Trainer die Entscheidungen trifft, sondern vielleicht auch andere Menschen dafür sorgen, dass der Trainer mal etwas machen muss. Ich habe damals fast vier Monate allein oder mit der U 17 trainiert und dann kam Mourinho irgendwann zu mir und sagte: „Komm‘ und trainier‘ wieder mit! Du bekommst deine Spielzeiten und ich habe dann auch noch mal gespielt. Aber ich hatte zuvor schon gespürt, dass mein Herz nicht mehr so zu 100 Prozent da war, wie es am Anfang der Fall war und deswegen habe ich den Schritt in die MLS zu Chicago gewählt.“
... warum er nicht für andere Klubs gespielt hat
„In Europa noch mal zu wechseln wollte ich aus Respekt vor dem FC Bayern und Manchester United nicht. Ich bin kein Spieler, der von A nach B und C weiterzieht. Die Zeit in Chicago hat mich sehr an meine Jugendzeit erinnert, das war back to the roots. Da gab es keine Fünf-Sterne-Kabinen oder ein Stadion mit 70.000 Zuschauern. Chicago war zwei Jahre zuvor Letzter in der MLS, daher habe ich es als Chance empfunden, dort etwas zu entwickeln. Die Begeisterung für Sport war unfassbar in der Stadt.“
... welchen Sportler er gern noch mal treffen würde
„Franz Beckenbauer! Er war für mich immer der wichtigste Mensch im Fußball. Wenn Franz den Raum betreten hat – mit seiner Aura als Spieler und Trainer Weltmeister zu sein – war das etwas Besonderes. Immer, wenn ich die Chance hatte, mit ihm zu sprechen – egal, ob bei der Nationalelf oder im Flugzeug mit den Bayern – hat mich das weitergebracht. Von ihm kam auch die Idee, noch mal nach Amerika zu gehen. Er hat mir viele Dinge berichtet, die er dort selbst erlebt hat und das hat mir sehr gut gefallen. Im Nachhinein hat er wie immer Recht gehabt.“